“Der Knigge”:
Adolf Freiherr Knigge: Über den Umgang mit Menschen                                           zurück
1788

Wer, wie ich, dem heute verbreiteten Irrtum aufgesessen ist “der Knigge” handele davon, wie man sich zu Tisch zu benimmt, wie man z.B. bei welchem Gang welches Besteck nimmt, wird durch völlige Abwesenheit solcher Ratschläge vielleicht überrascht - vermissen wird man sie beim Lesen dieses Buches aber nicht.
Der Schlüssel zum tatsächlichen Inhalt verbirgt sich hinter dem weniger bekannten eigentlichen Titel des Buches: Über den Umgang mit Menschen.
Kaum einen Bereich der verschieden intensiven Kontakten, die die man haben kann, hat Knigge ausgelassen.
Nach wertvollen allgemeingültigen Bemerkungen, kommt bezeichnenderweise zunächst das Kapitel Über den Umgang mit sich selbst. Denn es ist “der Umgang mit unserer eigenen Person gewiß weder der unnützeste noch uninteressanteste.”
Ohne zu kategorisieren berät er im folgenden im Verhalten zu Leuten mit verschiedenen Charakteren
und zwischen verschiedenen Parteien:
Unter Menschen mit verschiedenem Alter
Unter Eltern, Kinder und Blutsfreunden, Unter Eheleuten
Der Umgang mit und unter Verliebten, Frauen, Freunden.
Zwischen Diener und Herr, zu Nachbarn, Wirten, Wohltätern, den Großen der Erde, Fürsten Vornehme Reiche, “Geringere”, Geheimbünde uvm.
Die Hinweise wie man mit Hofleuten und Geislichen umzugehen sollte haben zwar ihre aktuelle Brisanz verloren sind aber nicht weniger, heute vielleicht so gar mehr, amüsant.
Die Tiere im übrigen vergißt Knigge, auch wenn der Titel anderes vermuten läßt, nicht im geringsten! Über den Umgang mit den selben ist ein eigene Kapitel gewidmet.

Eine Anektdote vielleicht noch zu seinem Kommentar zu Geheimbünden, die er allerdings, seine eigenen Ratschläge beherzigend, in seinem Buch nicht erwähnt. Knigge war 1780-84 unter dem Ordensnamen “Philo”  wie Goethe(seit 1783) und Herder Mitglied des Illuminaten-Odrdens. Ein 1776 von A. Weishaupt geründeter geheimer Orden, der Gesellschaft und Kirche nach den Grundsätzen der Aufklärung umgestallten wollte.  Knigge startete umfangreiche Werbeaktionen, die wegen seiner weitreichenden Kontakte aus dem Bund eine weithin berühmte und von den herrschenden Mächten gefürchtete Institution machten. 1783 mißfiel Knigge aber immer mehr die despotische Führungsstruktur des Gründers Weishaupt,dem die Macht zu Kopf gestiegen war. Die Mitgleider mußten einander bespitzeln und in Berichten bei den Ranghöheren denunzieren. 1784 trat Knigge verbittert aus dem Bund aus.
Der Bund wurde wegen verstrickung in politische Intrigen 1785 vom bayrischen Kurfürsten Karl Theodor verboten und löste sich 1787 auf.
Dies zeigt, daß Knigge nicht nur etwas daher schrieb, sondern auch nach seinen Prinzipien gelebt hat. Sein Kapitel über Geheimbünde ist auch keineswegs zu einer Abrechnung geworden, sondern als mehr als Warnhinweis eines Menschen mit Erfahrung zu verstehen eine gewisse Vorsicht mit Bünden und Sekten niemals außer Acht zu lassen.

Abschließend läßt sich sagen
Seine pädagogische Absicht und die Würdigung des Menschen unabhängig von seiner sozialen Stellung bringt Knigge ohne lehrmeisterhaften Ton und glaubwürdig an die Leser weiter.
Ein erfrischendes Buch, daß wohl besonders durch den leichten witzig-satirischen Ton und seine humanistische Sichtweise zum Dauerbestseller wurde.                                                                       
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